Quelle: Pressemitteilung

Das „Ansammlungsverbot“ nach der im April bzw. Mai 2020 geltenden
Coronaschutzverordnung hat eine ausreichende gesetzliche Grundlage
und verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Dies hat der 4. Senat für
Bußgeldsachen, der für die Landgerichtsbezirke Detmold, Münster und
Paderborn zuständig ist, am 28.01.2021 in zwei Beschlüssen entschieden
(Az. 4 RBs 446/20 und 4 RBs 3/21).
In dem ersten Fall ging der Betroffene zusammen mit zwei andere Personen
an einem Abend im April 2020 in Brakel durch die Henzengasse
in Richtung Stadtmitte. Einen Abstand von mindestens 1,50 Metern hielten
die drei Personen, die in keinem gemeinsamen Haushalt lebten,
nicht ein. Der Betroffene wusste, dass es aufgrund der aktuellen
Coronaschutzverordnung zu diesem Zeitpunkt unter anderem untersagt
war, mit mehr als zwei Personen in der Öffentlichkeit zusammen zu kommen,
wenn man nicht in häuslicher Gemeinschaft wohnte.
Das Amtsgericht Brakel (Az.11 OWi 262/20) hat den Betroffenen wegen
Verstoßes gegen die Coronaschutzverordnung (§§ 12, 16 Abs. 3 Nr. 2
CoronaSchVO NRW in der Fassung vom 30.03.2020) zu einer Geldbuße
von 230 Euro verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene
mit seiner Rechtsbeschwerde und führt zur Begründung im Wesentlichen
aus, dass eine Zusammenkunft oder Ansammlung im Sinne
der Coronaschutzverordnung nicht vorgelegen habe; hierzu sei es nämlich
erforderlich, dass mehr als zwei Personen zueinander jeweils weniger
als 1,50 Meter Abstand halten würden.
Der in der zweiten Bußgeldsache Betroffene befand sich im Mai 2020
auf dem Parkplatz der Stadtwerke Bad Salzuflen, in der Nähe des Jugendzentrums,
an der Uferstraße mit zwei weiteren Personen. Die
Gruppe stand neben einem Pkw eng beisammen, ein Abstand von 1,50
Metern wurde nicht eingehalten.
Das Amtsgericht Lemgo (Az. 21 OWi 277/20) hat den Betroffenen deshalb
auf der Grundlage von § 12 der Coronaschutzverordnung (in der
Fassung vom 27.04.2020) zu einer Geldbuße von 200 Euro verurteilt.
Gegen diese Entscheidung wendet sich auch dieser Betroffene mit seiner
Rechtsbeschwerde.
Der 4. Senat für Bußgeldsachen hat die beiden amtsgerichtlichen Entscheidungen
bestätigt, wobei er allerdings in dem ersten Fall eine Geldbuße
von (nur) 200 Euro als schuldangemessen angesehen hat. Das
„Ansammlungsverbot“ nach dem im April bzw. Mai 2020 geltenden § 12
der Coronaschutzverordnung finde – so der Senat – eine ausreichende
gesetzliche Grundlage in den Regelungen des Infektionsschutzgesetzes
9. Februar 2021
Martin Brandt
Pressedezernent
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Oberlandesgericht Hamm
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(§§ 32, 28 Abs. 1 S. 1 und 2 IfSG in der Fassung vom 27.03.2020);
sowohl die Coronaschutzverordnung als auch das Infektionsschutzgesetz
würden nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. In beiden Fällen
habe es sich auch um eine „Zusammenkunft oder Ansammlung“ im
Sinne des § 12 der Coronaschutzverordnung gehandelt. Hiervon erfasst
sei nämlich jedes Zusammenkommen einer Mehrzahl von Personen mit
einem inneren Bezug oder einer äußeren Verklammerung. Davon, dass
die jeweiligen Personen nur zufällig im öffentlichen Raum zusammengekommen
wären, was nicht ausgereicht hätte, könne nicht ausgegangen
werden. Ein als Ordnungswidrigkeit zu ahndender Verstoß gegen
das Ansammlungsverbot nach § 12 der Coronaschutzverordnung (in der
seinerzeit gültigen Fassung) erfordere nicht, dass ein Mindestabstand
von 1,50 Meter tatsächlich unterschritten worden wäre. Nur dann, wenn
die einzelnen Personen derart räumlich voneinander getrennt wären,
dass bei der Zusammenkunft oder Ansammlung von vornherein eine
Unterschreitung eines ein Infektionsrisiko ausschließenden Mindestabstands
sicher zu verneinen sei, liege kein Verstoß gegen das Zusammenkunfts-
und Ansammlungsverbot vor. Letzteres könne in beiden Fällen
nicht angenommen werden.
Nicht anfechtbare Beschlüsse des 4. Senats für Bußgeldsachen des
Oberlandesgerichts Hamm vom 28.01.2021 (Az. 4 RBs 446/20 und
4 RBs 3/21, OLG Hamm)
Die Beschlüsse sind in anonymisiertem Volltext unter www.nrwe.de abrufbar.
Martin Brandt, Pressedezernent
Hinweise der Pressestelle:
I. § 12 CoronaSchVO NRW in der Fassung vom 30.03.2020 lautet wie folgt:
(1) Zusammenkünfte und Ansammlungen im öffentlichen Raum von mehr als 2 Personen
sind untersagt. Ausgenommen sind
1. Verwandte in gerader Linie,
2. Ehegatten, Lebenspartnerinnen und Lebenspartner sowie in häuslicher Gemeinschaft
lebende Personen,
3. die Begleitung minderjähriger und unterstützungsbedürftiger Personen,
4. zwingend notwendige Zusammenkünfte aus geschäftlichen, beruflichen und dienstlichen
sowie aus prüfungs- und betreuungsrelevanten Gründen,
5. bei der bestimmungsgemäßen Verwendung zulässiger Einrichtungen unvermeidliche
Ansammlungen (insbesondere bei der Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs).
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(2) Die nach dem Landesrecht für Schutzmaßnahmen nach § 28 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes
zuständigen Behörden können generelle Betretungsverbote für
bestimmte öffentliche Orte aussprechen.
(3) Das Picknicken und das Grillen auf öffentlichen Plätzen oder Anlagen sind untersagt.
Die nach dem Landesrecht für Schutzmaßnahmen nach § 28 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes
zuständigen Behörden können weitere Verhaltensweisen im
öffentlichen Raum generell untersagen.
II. § 12 CoronaSchVO NRW in der Fassung vom 27.04.2020 lautet wie folgt:
(1) Zusammenkünfte und Ansammlungen im öffentlichen Raum von mehr als 2 Personen
sind untersagt. Ausgenommen sind
1. Verwandte in gerader Linie, Geschwister, Ehegatten, Lebenspartnerinnen und Lebenspartner,
2. in häuslicher Gemeinschaft lebende Personen,
3. die Begleitung minderjähriger und unterstützungsbedürftiger Personen,
4. zwingend notwendige Zusammenkünfte aus dienstlichen sowie aus prüfungs- und
betreuungsrelevanten Gründen,
5. bei der bestimmungsgemäßen Verwendung zulässiger Einrichtungen unvermeidliche
Ansammlungen (insbesondere bei der Nutzung von Beförderungsleistungen des
Personenverkehrs sowie seiner Einrichtungen).
(2) Die nach dem Landesrecht für Schutzmaßnahmen nach § 28 Absatz 1 des Infektions-
schutzgesetzes zuständigen Behörden können generelle Betretungsverbote für
bestimmte öffentliche Orte aussprechen.
(3) Das Picknicken und das Grillen auf öffentlichen Plätzen oder Anlagen sind untersagt.
Die nach dem Landesrecht für Schutzmaßnahmen nach § 28 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes
zuständigen Behörden können weitere Verhaltensweisen im
öffentlichen Raum generell untersagen.
III. § 28 Abs. 1 IfSG in der Fassung vom 27.03.2020 lautet wie folgt:
Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider
festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder
Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen,
insbesondere die in den §§ 29 bis 31 genannten, soweit und solange es zur
Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere
Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur
unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche
Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. Unter den Voraussetzungen
von Satz 1 kann die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige
Ansammlungen von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten
oder in § 33 genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen. Eine
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Heilbehandlung darf nicht angeordnet werden. Die Grundrechte der Freiheit der Person
(Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes), der Versammlungsfreiheit (Artikel
8 des Grundgesetzes), der Freizügigkeit (Artikel 11 Absatz 1 des Grundgesetzes) und
der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes) werden
insoweit eingeschränkt.
III. § 32 IfSG in der Fassung vom 27.03.2020 lautet wie folgt:
Die Landesregierungen werden ermächtigt, unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen
nach den §§ IFSG § 28 bis IFSG § 31 maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen
entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer
Krankheiten zu erlassen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch
Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen. Die Grundrechte der Freiheit der
Person (Artikel GG Artikel 2 Abs. GG Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 Grundgesetz), der
Freizügigkeit (Artikel GG Artikel 11 Abs. GG Artikel 11 Absatz 1 Grundgesetz), der
Versammlungsfreiheit (Artikel GG Artikel 8 Grundgesetz), der Unverletzlichkeit der
Wohnung (Artikel GG Artikel 13 Abs. GG Artikel 13 Absatz 1 Grundgesetz) und des
Brief- und Postgeheimnisses (Artikel GG Artikel 10 Grundgesetz) können insoweit eingeschränkt
werden.

Weitere Informationen: https://www.olg-hamm.nrw.de/behoerde/presse/pre…