(Worms) In dem Ver­fah­ren Schat­schaschwi­li gegen Deutsch­land hat der EGMR heu­te sein Urteil ver­kün­det. Deutsch­land wur­de wegen Ver­let­zung des Rechts auf ein fai­res Ver­fah­ren in Form der Nicht­ge­wäh­rung des Rechts auf kon­fron­ta­ti­ve Befra­gung der Belas­tungs­zeu­gen verurteilt.

Dar­auf ver­weist so der Worm­ser Fach­an­walt für Straf­recht Jür­gen Möthrath, Prä­si­dent des Deut­schen Straf­ver­tei­di­ger Ver­ban­des (DSV) e. V. mit Sitz in Worms, unter Hin­weis auf das Urteil des Euro­päi­schen Gerichts­hofs für Men­schen­rech­te – EGMR, Urteil vom 15.12.2015, AZ: 9154/10.

Von einem deut­schen Gericht wur­de der Beschwer­de­füh­rer bereits 2008 wegen gemein­schaft­li­chen schwe­ren Rau­bes in Tat­ein­heit mit schwe­rer räu­be­ri­scher Erpres­sung in zwei Fäl­len zu einer Frei­heits­stra­fe von neun Jah­ren und sechs Mona­ten verurteilt.

Hier­bei stütz­te sich das Gericht in einem Fall im Wesent­li­chen auf die Aus­sa­gen zwei­er Zeu­gin­nen, die als Geschä­dig­te die­ser Straf­tat im Ermitt­lungs­ver­fah­ren eine Aus­sa­ge gemacht hat­ten. In der Fol­ge­zeit hat­ten die bei­den Zeu­gin­nen Deutsch­land ver­las­sen. Im Rah­men der Haupt­ver­hand­lung gegen den Beschwer­de­füh­rer haben sich die­se bei­den Zeu­gin­nen gewei­gert, zurück­zu­keh­ren und auszusagen.

Der Ver­such des Gerichts, die­se Zeu­gin­nen in Form einer audio-visu­el­len Ver­neh­mung zu befra­gen, schei­ter­te an der Wei­ge­rung der bei­den Zeu­gin­nen. Die­se berie­fen sich auf eine Trau­ma­ti­sie­rung in Fol­ge der Straftat.

Nach Art. 6 Abs. 3 d EMRK hat jedoch jede ange­klag­te Per­son das Recht, Fra­gen an Belas­tungs­zeu­gen zu stel­len oder stel­len zu lassen.

Das zunächst ange­ru­fe­ne Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat die Ver­fas­sungs­be­schwer­de nicht zur Ent­schei­dung ange­nom­men. Hier­ge­gen erhob der Beschwer­de­füh­rer Kla­ge beim EGMR.

Vor dem EGMR berief sich der Beschwer­de­füh­rer auf Art. 6 EMRK und rüg­te die Ver­let­zung sei­nes Rechts auf ein fai­res Ver­fah­ren, da weder er noch sein Anwalt die Mög­lich­keit gehabt hät­ten, die ein­zi­gen unmit­tel­ba­ren Zeu­gin­nen der angeb­lich von ihm began­ge­nen Straf­tat zu befragen.

Der EGMR stell­te mit einer Mehr­heit der Stim­men eine Ver­let­zung von Art. 6 EMRK fest. Hier­bei war für das Gericht auch von Bedeu­tung, dass das Risi­ko einer Aus­rei­se der bei­den aus­län­di­schen Zeu­gin­nen für die Ermitt­lungs­be­hör­den hät­te ersicht­lich sein müs­sen, so dass bei der Ver­neh­mung die­ser Zeu­gin­nen durch den Ermitt­lungs­rich­ter hät­te von der gesetz­lich zuläs­si­gen Mög­lich­keit Gebrauch gemacht wer­den müs­sen, für den Beschwer­de­füh­rer einen Rechts­an­walt bei­zu­ord­nen. Aus der Sicht des EGMR hat auch die­ser Umstand mit zur Ver­hin­de­rung eines fai­ren Ver­fah­rens beigetragen.

Die Ent­schei­dung des EGMR hat vor allen Din­gen Bedeu­tung für die Rechts­fort­bil­dung, da künf­tig die inner­staat­li­chen Gerich­te an die Rechts­auf­fas­sung des Gerichts­hofs gebun­den sind.

Der Beschwer­de­füh­rer selbst erfährt dage­gen kei­ne Abän­de­rung sei­nes Urteils. Wie bereits das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt, so ist auch der EGMR kein „Super­re­vi­si­ons­ge­richt“ wel­ches die Rechts­kraft die­ses Urteils auf­hebt. Es wird hier die Ver­let­zung der Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on geprüft und für den Fall, dass der Betrof­fe­ne durch inner­staat­li­ches Recht kei­ne oder nur eine unvoll­kom­me­ne Wie­der­gut­ma­chung für die Rechts­ver­let­zung erhält, kann auch der EGMR direkt eine Ent­schä­di­gung fest­set­zen. Im vor­lie­gen­den Fall wird dies Auf­ga­be der natio­na­len Gerich­te unter Anwen­dung des Geset­zes zur Ent­schä­di­gung in Straf­sa­chen sein.

Möthrath riet, in allen straf­recht­lich rele­van­ten Fäl­len sowie als Opfer von Gewalt­ta­ten so früh wie mög­lich recht­li­chen Rat in Anspruch zu neh­men, wobei er dabei u. a. auch auf die Anwäl­te und Anwäl­tin­nen in dem Deut­schen Straf­ver­tei­di­ger Ver­band (DSV) e. V. -www.deutscher-strafverteidigerverband.de — verwies.

Für Rück­fra­gen steht Ihnen zur Verfügung:

Jür­gen Möthrath
Rechtsanwalt/Fachanwalt für Strafrecht
Präsident
Deut­scher Straf­ver­tei­di­ger Ver­band (DSV) e. V.
Karl-Ulrich-Stra­ße 3, 67547 Worms
Tel.: 06241 – 938 000
Fax: 06241 – 938 00–8
Email: kanzlei@ra-moethrath.de
www.ra-moethrath.de