Ein Beratungsunternehmen kann für eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG verantwortlich gemacht werden, wenn es sich aktiv und in voller Kenntnis der Sachlage an der Durchführung oder Überwachung eines zwischen Herstellern bestehenden Kartells beteiligt.
Darauf verweist so der Wormser Fachanwalt für Strafrecht Jürgen Möthrath, Präsident des Deutschen Strafverteidiger Verbandes (DSV) e. V. mit Sitz in Worms, unter Hinweis auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes – EUGH, Urteil vom 22.10.2015, AZ: C-194/14 P.
Hintergrund dieser Entscheidung ist eine Klage eines Beratungsunternehmens aus der Schweiz. Gegen dieses hatte die EU-Kommission im Rahmen der angefochtenen Entscheidung zwei Geldbußen nach Art. 81 Abs. 1 EG in Höhe von jeweils 174.000,00 € festgesetzt.
Nach den Feststellungen des Gerichts hatte das Beratungsunternehmen mehrere Zusammenkünfte zwischen Unternehmen organisiert, die das Kartell gebildet hatten. Bei diesen Treffen waren die Verantwortlichen des Beratungsunternehmens anwesend und auch aktiv beteiligt, indem sie die Liefermengen der betreffenden Güter erfasst und den Herstellern zur Verfügung gestellt haben. Das Beratungsunternehmen war zudem gegen Entgelt auch als Vermittler in Streitfragen des Kartells tätig.
Das Verhalten des Beratungsunternehmens sei damit Teil der Bemühungen des Kartells, sowohl in Bezug auf die zugrunde liegenden Absprachen, als auch deren Umsetzung. Hierbei habe das Beratungsunternehmen in voller Kenntnis der in Rede stehenden wettbewerbswidrigen Ziele gehandelt.
Der EUGH bestätigt die Anwendbarkeit des Art. 81 Abs. 1 EG auch auf Beratungsfirmen, auch wenn diese nicht im selben Markt tätig sind, wie die Kartellbeteiligten. Es führt hierzu aus:
„Nach gefestigter Rechtsprechung des Gerichtshofs bezieht sich nämlich der Wortlaut von Art. 81 Abs. 1 EG allgemein auf alle Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen, die – sei es in horizontalen oder vertikalen Beziehungen – den Wettbewerb im Gemeinsamen Markt verfälschen, unabhängig davon, auf welchem Markt die Parteien tätig sind, und unabhängig davon, dass nur das Geschäftsverhalten einer der Parteien durch die Bedingungen der in Rede stehenden Vereinbarungen betroffen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile LTM, 56/65, ECLI:EU:C:1966:38, S. 358, Consten und Grundig/Kommission, 56/64 und 58/64, ECLI:EU:C:1966:41, S. 492 und 493, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, ECLI:EU:C:1983:158, Rn. 72 bis 80, Binon, 243/83, ECLI:EU:C:1985:284, Rn. 39 bis 47, und Javico,C‑306/96, ECLI:EU:C:1998:173, Rn. 10 bis 14).“
Auch der weitere Versuch des Beratungsunternehmens, eine Herabsetzung der Geldbuße auf einen lediglich symbolischen Betrag zu erreichen, schlug fehl.
Der EUGH bestätigte auch hier die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1/2[2] 003 Art. 23 („Geldbußen“) Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) durch die EU-Kommission.
Hiernach darf die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen 10 % des jeweiligen im vorausgegangen Geschäftsjahr erzielten Umsatz nicht übersteigen. Bei der Festsetzung der Geldbuße, sei zudem die Schwere der Zuwiderhandlung und die Dauer derselben zu berücksichtigen. Ferner soll die Geldbuße sowohl der Spezialprävention, also der Sanktionierung des betroffenen Unternehmens, als auch der Generalprävention und damit der Abschreckung anderer Unternehmen dienen.
Im Rahmen der Spezialprävention wird letztlich unter Berücksichtigung der 10 % Grenze der Wert der verkauften Waren oder Dienstleistungen zu Grunde gelegt, die das Unternehmen aufgrund des Wettbewerbsverstoßes erzielt hat.
Das Urteil des EUGH ist für Verbände und Beratungsgesellschaften von besonderer Relevanz, insbesondere, soweit sie branchenspezifisch beratend tätig sind, so dass die Beratung auch miteinander in Konkurrenz stehender Unternehmen in Betracht kommt.
Hier muss im Rahmen der eigenen Compliance der Berater sichergestellt sein, dass die Beratungsleistung in keinem Fall der Begründung oder Förderung einer wettbewerbswidrigen Absprache dient, bzw. gewährleistet ist, dass das Beratungsunternehmen sich von solchen Kartellabreden eindeutig distanziert.
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