BGH, Beschluss vom 30.03.2022, AZ 5 StR 358/21

Pres­se­mit­tei­lung des Bun­des­ge­richts­hofs, Nr. 42/2022, vom 30.03.2022

Nach töd­li­chem Mes­ser­stich gegen 13-Jäh­ri­gen im Ber­li­ner Mon­bi­jou-Park: Bun­des­ge­richts­hof ver­langt Prü­fung einer Ver­ur­tei­lung wegen Mordes

Urteil vom 30. März 2022 – 5 StR 358/21

Der in Leip­zig ansäs­si­ge 5. Straf­se­nat des Bun­des­ge­richts­hofs hat auf die Revi­si­on einer Neben­klä­ge­rin das Urteil des Land­ge­richts Ber­lin wegen eines töd­li­chen Mes­ser­stichs gegen einen 13-jäh­ri­gen Jun­gen im Mon­bi­jou­park auf­ge­ho­ben, soweit eine Ver­ur­tei­lung des Ange­klag­ten wegen Mor­des unter­blie­ben ist.

Das Land­ge­richt hat den Ange­klag­ten wegen Tot­schlags und wegen gefähr­li­cher Kör­per­ver­let­zung zu einer Gesamt­frei­heits­stra­fe von zwölf Jah­ren verurteilt.

Nach den Urteils­fest­stel­lun­gen tra­fen der Ange­klag­te und das 13 Jah­re alte Opfer im Ber­li­ner Mon­bi­jou-Park zufäl­lig auf­ein­an­der. Nach­dem der Ange­klag­te den Jun­gen beschimpft hat­te, kam es zu gegen­sei­ti­gen Belei­di­gun­gen. Schließ­lich ver­setz­te der Ange­klag­te dem Opfer einen wuch­ti­gen Mes­ser­stich in die Herz­ge­gend, um ihm eine Lek­ti­on zu ertei­len und als “Sie­ger vom Platz” zu gehen. Der 13-Jäh­ri­ge ver­starb infol­ge der Ver­let­zun­gen bin­nen kur­zer Zeit am Tat­ort. Im Anschluss an die Tat äußer­te der Ange­klag­te gegen­über sei­ner Beglei­te­rin, dass der Jun­ge kei­nen Respekt gezeigt habe.

Ein Bekann­ter des Getö­te­ten griff den Ange­klag­ten dar­auf­hin mit blo­ßen Hän­den an. Der Ange­klag­te hät­te dem Angriff ohne wei­te­res aus­wei­chen und flüch­ten kön­nen. Er woll­te aber auch aus die­ser Aus­ein­an­der­set­zung als Sie­ger her­vor­ge­hen. Daher ver­setz­te er dem Angrei­fer eben­falls einen Mes­ser­stich in den Ober­kör­per. Nach­dem der Ange­klag­te erkannt hat­te, dass er die­sem Geschä­dig­ten kei­ne töd­li­chen Ver­let­zun­gen zuge­fügt hat­te, flüch­te­te er in ein in der Nähe gele­ge­nes Restaurant.

Das Land­ge­richt hat die Tötung des 13-Jäh­ri­gen als Tot­schlag ange­se­hen. Ein Mord aus nied­ri­gen Beweg­grün­den lie­ge nicht vor, weil der Ange­klag­te aus Wut über das belei­di­gen­de Ver­hal­ten des Jun­gen gehan­delt habe.

Die­se Wer­tung des Land­ge­richts hat der 5. Straf­se­nat des Bun­des­ge­richts­hofs auf die Revi­si­on der Mut­ter des Getö­te­ten als rechts­feh­ler­haft bean­stan­det. Das Land­ge­richt hat bei sei­ner recht­li­chen Wür­di­gung wesent­li­che Aspek­te des rechts­feh­ler­frei fest­ge­stell­ten Sach­ver­halts aus­ge­blen­det. Der Umstand, dass der Ange­klag­te das Kind töte­te, um ihm eine Lek­ti­on zu ertei­len, und sei­ne Äuße­rung gegen­über sei­ner Beglei­te­rin hät­ten bei der Erör­te­rung des Mord­merk­mals der nied­ri­gen Beweg­grün­de ein­be­zo­gen wer­den und Anlass für eine nähe­re Prü­fung sein müs­sen. Der Bun­des­ge­richts­hof hat daher das Urteil inso­weit auf­ge­ho­ben. Eine ande­re Schwur­ge­richts­kam­mer des Land­ge­richts Ber­lin wird auf der Grund­la­ge der auf­recht­erhal­te­nen Fest­stel­lun­gen eine Ver­ur­tei­lung wegen Mor­des zu prü­fen haben.

Die Revi­si­on des Ange­klag­ten gegen sei­ne Ver­ur­tei­lung hat der Senat ver­wor­fen, weil die Über­prü­fung des Urteils kei­nen Rechts­feh­ler zu sei­nem Nach­teil erge­ben hat.

Vor­in­stanz:
LG Ber­lin – Urteil vom 20. Mai 2021 – (535) Ks 278 Js 291/20 (2/21)

Die maß­geb­li­chen Vor­schrif­ten lauten:

§ 211 StGB Mord
(1) Der Mör­der wird mit lebens­lan­ger Frei­heits­stra­fe bestraft.
(2) Mör­der ist, wer
(…) sonst aus nied­ri­gen Beweggründen (…)
einen Men­schen tötet.

§ 212 StGB Totschlag
(1) Wer einen Men­schen tötet, ohne Mör­der zu sein, wird als Tot­schlä­ger mit Frei­heits­stra­fe nicht unter fünf Jah­ren bestraft.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/recht…