Die grob ver­kehrs­wid­ri­ge und rück­sichts­lo­se Flucht vor einem ande­ren Kraft­fahr­zeug kann als ille­ga­les Kraft­fahr­zeug­ren­nen gem. § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB straf­bar sein. Dies hat der 1. Straf­se­nat des Ober­lan­des­ge­richts Köln mit Urteil vom 05.05.2020 ent­schie­den und sich damit der Recht­spre­chung des Ober­lan­des­ge­richts Stutt­gart angeschlossen.

Der zur Tat­zeit 28-jäh­ri­ge Ange­klag­te aus Aachen war gegen drei Uhr nachts mit sei­nem Renault in Aachen unter­wegs zu einem Club. Er war mit min­des­tens 1,3 Pro­mil­le alko­ho­li­siert, als sich eine Zivil­strei­fe hin­ter sein Fahr­zeug setz­te. Nach sei­ner nicht wider­leg­ten Ein­las­sung erkann­te der Ange­klag­te nicht, dass es sich um Poli­zis­ten in Zivil han­del­te, son­dern er fühl­te sich durch das Fahr­zeug bedroht. Um zu ent­kom­men, stei­ger­te er sei­ne Geschwin­dig­keit. Auf der Flucht erreich­te er min­des­tens 140 km/h, obwohl nur 70 km/h erlaubt waren. Nach einem Abbie­ge­vor­gang konn­te er gestellt werden.

Amts- und Land­ge­richt Aachen hat­ten den Ange­klag­ten zwar wegen Trun­ken­heits­fahrt, nicht aber wegen Ver­sto­ßes gegen den neu­en “Raser­pa­ra­gra­fen” (§ 315d StGB) zu einer Geld­stra­fe nebst Ent­zug der Fahr­erlaub­nis ver­ur­teilt. Das Land­ge­richt hat dabei die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass ein Kraft­fahr­zeug­ren­nen nicht vor­lie­ge, weil der “Wett­be­werbs­cha­rak­ter” eines Ren­nens nicht gege­ben sei. Auf die Revi­si­on der Staats­an­walt­schat hat der 1. Straf­se­nat des Ober­lan­des­ge­richts Köln das Urteil inso­weit auf­ge­ho­ben und die Sache an das Land­ge­richt zurückverwiesen.

Zur Begrün­dung hat der Senat im Wesent­li­chen aus­ge­führt, dass eine Ver­ur­tei­lung wegen § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB durch­aus in Betracht kom­me. Die Vor­schrift sei nicht nur ver­fas­sungs­ge­mäß, son­dern sie sol­le auch gera­de die Fäl­le erfas­sen, in denen nur ein ein­zi­ges Fahr­zeug betei­ligt sei, da es in die­ser Vari­an­te des Geset­zes kei­nes “Geg­ners” bedür­fe. Zwar sei­en blo­ße Geschwin­dig­keits­über­schrei­tun­gen nicht erfasst. Für eine Straf­bar­keit sei erfor­der­lich, dass der Täter grob ver­kehrs­wid­rig und rück­sichts­los fah­re und in der Absicht han­deln, die in der jewei­li­gen Situa­ti­on höchst­mög­li­che Geschwin­dig­keit zu errei­chen. Dabei müs­se — wie auch das Ober­lan­des­ge­richt Stutt­gart bereits ent­schie­den habe — es nicht Haupt- oder Allein­be­weg­grund für die Fahrt sein, eine höchst­mög­li­che Geschwin­dig­keit zu erzie­len. Das Bestre­ben, mög­lichst schnell vor­an­zu­kom­men, kön­ne auch von ande­ren Zie­len beglei­tet sein, etwa den Bei­fah­rern zu impo­nie­ren, die Fahr­zeug­leis­tung zu tes­ten oder ver­fol­gen­de Fahr­zeu­ge abzu­hän­gen. Auch in die­sem Fall gehe der Renn­cha­rak­ter nicht ver­lo­ren. Nach die­sen Maß­stä­ben sei auch die Tat des Ange­klag­ten von einem spe­zi­fi­schen Renn­cha­rak­ter geprägt, in dem sich die beson­de­ren Risi­ken für den Stra­ßen­ver­kehr und sei­ne Teil­neh­mer wie­der­fän­den. Ziel eines “Wett­be­werbs” in die­sem Sin­ne sei nicht der blo­ße Sieg, son­dern die gelun­ge­ne Flucht gewe­sen. Hin­sicht­lich des Risi­kos sei das Gesche­hen mit einem sport­li­chen Wett­be­werb vergleichbar.

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