Der 7. Straf­se­nat des Ober­lan­des­ge­richts Stutt­gart hat heu­te unter dem Vor­sitz von Ste­fan Mai­er einen 40-jäh­ri­gen sri-lan­ki­schen Staats­an­ge­hö­ri­gen wegen mit­glied­schaft­li­cher Betä­ti­gung in der aus­län­di­schen ter­ro­ris­ti­schen Ver­ei­ni­gung „Libe­ra­ti­on Tigers of Tamil Eelam (LTTE)“ in zwei Fäl­len, davon in einem Fall in Tat­ein­heit mit Bei­hil­fe zum Mord zu einer Gesamt­frei­heits­stra­fe von sechs Jah­ren und zehn Mona­ten ver­ur­teilt. Der Senat hat nach 15tägiger Haupt­ver­hand­lung, in der 13 Zeu­gen und drei Sach­ver­stän­di­ge gehört wur­den, im Wesent­li­chen fol­gen­den Sach­ver­halt festgestellt:

Der in Sri Lan­ka gebo­re­ne und auf­ge­wach­se­ne Ange­klag­te reis­te im Febru­ar 2012 in das Bun­des­ge­biet ein und stell­te am 6. März 2012 einen Asyl­an­trag. Da die­ser abge­lehnt und ihm auch kei­ne Flücht­lings­ei­gen­schaft zuer­kannt wur­de, erhob er Kla­ge vor dem Ver­wal­tungs­ge­richt Frei­burg, das auf­grund sei­nes dort erst­mals ange­brach­ten Vor­brin­gens am 5. Juli 2017 ein Abschie­bungs­ver­bot fest­stell­te. Die­se Anga­ben des Ange­klag­ten vor dem Ver­wal­tungs­ge­richt lie­fer­ten die Grund­la­ge für die Ermitt­lun­gen und das heu­te abge­schlos­se­ne Straf­ver­fah­ren. Dass sich dort die von der Gene­ral­bun­des­an­walt­schaft erho­be­nen Vor­wür­fe unein­ge­schränkt bestä­tig­ten, beruht maß­geb­lich auf der Dar­stel­lung des Ange­klag­ten beim Ver­wal­tungs­ge­richt, die er in der Haupt­ver­hand­lung in wesent­li­chen Punk­ten aufrechterhielt.

Der Ange­klag­te war jeden­falls seit 30. August 2002 Mit­glied in der aus­län­di­schen ter­ro­ris­ti­schen Ver­ei­ni­gung LTTE, die in Sri Lan­ka die Errich­tung eines eige­nen tami­li­schen Staats anstreb­te und die­ses Ziel mit zahl­rei­chen Anschlä­gen und Atten­ta­ten auf staat­li­che und zivi­le Ein­rich­tun­gen ver­folg­te. Nach zwei geheim­dienst­li­chen Schu­lun­gen bei der LTTE wur­de der Ange­klag­te Kader des Mili­tä­ri­schen Geheim­diens­tes die­ser Orga­ni­sa­ti­on und glie­der­te sich in deren hier­ar­chi­sche Struk­tur und Befehls­ket­te ein. Auf Anwei­sung sei­ner Vor­ge­setz­ten erhob er ab 2002 in Colom­bo anschlags­re­le­van­te Infor­ma­tio­nen über Geg­ner und Ver­rä­ter der LTTE, um damit wie­der­holt – wie er wuss­te – die Grund­la­ge für deren Liqui­die­rung durch Mord­an­schlä­ge zu schaffen.

Im Juli 2003 erhielt der Ange­klag­te den Auf­trag, Infor­ma­tio­nen über Gewohn­hei­ten, Lebens­wei­se und Sicher­heits­vor­keh­run­gen des dama­li­gen sri-lan­ki­schen Außen­mi­nis­ters Lak­sh­man Kadir­ga­mar zu beschaf­fen, auf deren Grund­la­ge die­ser von der LTTE getö­tet wer­den soll­te. Dem Ange­klag­ten war bekannt, dass die LTTE den Minis­ter ermor­den woll­te, weil sich die­ser als Tami­le an der sri-lan­ki­schen Regie­rung betei­lig­te und für die Äch­tung und Bekämp­fung der LTTE ein­setz­te. Am 12. August 2005 wur­de Lak­sh­man Kadir­ga­mar am Pool im Gar­ten sei­nes Pri­vat­an­we­sens in Colom­bo von min­des­tens einem in einem Nach­bar­haus pos­tier­ten Scharf­schüt­zen der LTTE erschos­sen. Für die­sen heim­tü­cki­schen und aus nied­ri­gen Beweg­grün­den began­ge­nen Mord bil­de­ten die vom Ange­klag­ten bis Mai 2005 aus­ge­kund­schaf­te­ten Infor­ma­tio­nen, beson­ders sein Hin­weis auf die Mög­lich­keit eines Schuss­waf­fen­ge­brauchs aus einem Nach­bar­ge­bäu­de, einen wesent­li­chen För­de­rungs­bei­trag, so dass er auch wegen Bei­hil­fe zum Mord zu ver­ur­tei­len war.

Noch in der End­pha­se des bewaff­ne­ten Bür­ger­krie­ges erfüll­te der Ange­klag­te bis Mai 2009 den Auf­trag, hoch­ran­gi­ge Füh­rungs­mit­glie­der und Ver­letz­te der LTTE aus dem Kampf­ge­biet zu eva­ku­ie­ren, ihre Fest­nah­me durch sri-lan­ki­sche Sicher­heits­kräf­te zu ver­ei­teln und ihnen zur Flucht aus Sri Lan­ka zu ver­hel­fen. Am 18. Mai 2009 wur­de die LTTE poli­tisch und in mili­tä­ri­scher Hin­sicht zer­schla­gen und war danach in Sri Lan­ka nicht mehr aktiv.

Im Rah­men der Straf­zu­mes­sung hat­te der Senat u. a. straf­mil­dernd zu berück­sich­ti­gen, dass einer­seits die Taten sehr lan­ge zurück­lie­gen und ein Schuld­spruch ohne die Anga­ben des Ange­klag­ten nicht mög­lich gewe­sen wäre, ande­rer­seits in bei­den Fäl­len außer­ge­wöhn­lich lang­an­dau­ern­de und über­aus gewich­ti­ge Tat­hand­lun­gen vorlagen.

Der Senat hat die Fort­dau­er der nun­mehr ein Jahr andau­ern­den Unter­su­chungs­haft angeordnet.

Das Urteil ist nicht rechts­kräf­tig. Dem Ange­klag­ten und dem Gene­ral­bun­des­an­walt steht das Rechts­mit­tel der Revi­si­on zum Bun­des­ge­richts­hof offen.

Akten­zei­chen
7 – 2 StE 9/19 – Ober­lan­des­ge­richt Stuttgart
2 BJs 311/17- 8 2 StE 9/19–8 – Gene­ral­bun­des­an­walt beim Bundesgerichtshof

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen: https://oberlandesgericht-stuttgart.justiz-bw.d…