BGH, Beschluss vom 12.11.2020, AZ 2 StR 130/20

Pres­se­mit­tei­lung des Bun­des­ge­richts­hof, Nr. 136/2020, vom 12.11.2020

Urteil im Mar­bur­ger “Früh­chen-Pro­zess” rechtskräftig 

Beschluss vom 4. Novem­ber 2020 — 2 StR 130/20

Das Land­ge­richt Mar­burg hat die Ange­klag­te wegen ver­such­ter gefähr­li­cher Kör­per­ver­let­zung sowie wegen ver­such­ten Mor­des in Tat­ein­heit mit gefähr­li­cher Kör­per­ver­let­zung u.a. in vier Fäl­len zu einer lebens­lan­gen Frei­heits­stra­fe als Gesamt­stra­fe verurteilt. 

Nach den Fest­stel­lun­gen der Schwur­ge­richts­kam­mer hat­te die Ange­klag­te zwi­schen Dezem­ber 2015 und Febru­ar 2016 als Kin­der­kran­ken­schwes­ter auf der neo­na­to­lo­gi­schen Inten­siv­sta­ti­on des Uni­ver­si­täts­kli­ni­kums Mar­burg drei Früh­ge­bo­re­nen ohne ärzt­li­che Anord­nung und ohne medi­zi­ni­sche Indi­ka­ti­on Seda­ti­va ver­ab­reicht. Sie woll­te dadurch bei den beson­ders ver­letz­li­chen Säug­lin­gen gesund­heit­li­che Kri­sen her­bei­füh­ren, um sich anschlie­ßend zur Befrie­di­gung ihres nar­ziss­ti­schen Bedürf­nis­ses nach Aner­ken­nung durch Ret­tungs­be­mü­hun­gen her­vor­zu­tun. Im ers­ten Fall war die Ver­ab­rei­chung des Seda­ti­vums wegen der gerin­gen Dosis nicht geeig­net, die Gesund­heit des Kin­des zu beein­träch­ti­gen. Es starb spä­ter infol­ge sei­ner Grund­er­kran­kung. Im zwei­ten Fall fiel das betrof­fe­ne Kind in einen koma­tö­sen Zustand. Dem drit­ten Kind ver­ab­reich­te die Ange­klag­te drei­mal Seda­ti­va und brach­te es dadurch jeweils in kon­kre­te Lebens­ge­fahr. Die­se bei­den Kin­der über­stan­den die Angrif­fe auf ihr Leben nur durch Zufall. Die Ange­klag­te, die den Tod der Kin­der in Kauf genom­men hat­te, betei­lig­te sich an den Ret­tungs­maß­nah­men des von ihr alar­mier­ten Kli­nik­per­so­nals, ohne aber die vor­an­ge­gan­ge­ne Ver­gif­tung der Kin­der offenzulegen. 

Die Ange­klag­te hat mit ihrer Revi­si­on die Ver­let­zung mate­ri­el­len Rechts gerügt. Der 2. Straf­se­nat des Bun­des­ge­richts­hofs hat ihr Rechts­mit­tel als unbe­grün­det ver­wor­fen. Das Urteil des Land­ge­richts ist damit rechtskräftig. 

Vor­in­stanz:
Land­ge­richt Mar­burg — Urteil vom 28. Novem­ber 2019 — 6 Ks — 4 Js 1/16

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