Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs, Nr. 54/2020, vom 11.05.2020

Verurteilung wegen schwerer Misshandlung von Schutzbefohlenen (vier Kinder müssen unnötig im Rollstuhl sitzen) rechtskräftig

Beschluss vom 27. April 2020 – 5 StR 74/20

Das Landgericht Lübeck hat die Angeklagte wegen schwerer Misshandlung von Schutzbefohlenen in vier Fällen (§ 225 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2 StGB) und Betruges in 17 Fällen (davon dreimal in Tateinheit mit Urkundenfälschung) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt.

Nach den Feststellungen des Landgerichts täuschte die Angeklagte ihren vier Kindern, Ärzten, Lehrern und Erziehern gegenüber vor, die Kinder litten an schweren Krankheiten, die ein Sitzen im Rollstuhl notwendig machten. Hierzu fälschte sie einen Arztbericht und schilderte den Ärzten erfundene Symptome. Die eigentlich gesunden Kinder (eines war nach schwerer Krankheit genesen) mussten in der Schule teils jahrelang im Rollstuhl sitzen, hatten durch zahlreiche Arztbesuche viele Fehlstunden, wurden sozial isoliert und litten stark unter alldem. Teilweise mussten sie sich überflüssigen Infusionsbehandlungen unterziehen. Die Angeklagte inszenierte sich gegenüber ihrer Umwelt und gegenüber den Medien als aufopfernde Mutter, die sich für ihre mit einem schweren Schicksal geschlagenen Kinder unermüdlich einsetzt. Aufgrund falscher Angaben gegenüber Krankenkassen erschlich sie sich in diesem Zusammenhang zu Unrecht Zahlungen in Höhe von insgesamt knapp 80.000 Euro.

Der 5. (Leipziger) Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision der Angeklagten durch Beschluss als unbegründet verworfen. Damit ist das Urteil des Landgerichts rechtskräftig.

Vorinstanz:
LG Lübeck – Urteil vom 13. November 2019 – 7a KLs 4/19

Die maßgebliche Vorschrift lautet:

§ 225 StGB Misshandlung von Schutzbefohlenen (Auszug)

(1) Wer eine Person unter achtzehn Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die

1. seiner Fürsorge oder Obhut untersteht,

2. seinem Hausstand angehört,

3. von dem Fürsorgepflichtigen seiner Gewalt überlassen worden oder

4. ihm im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist,

quält oder roh misshandelt, oder wer durch böswillige Vernachlässigung seiner Pflicht, für sie zu sorgen, sie an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter die schutzbefohlene Person durch die Tat in die Gefahr

1. des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung oder

2. einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung

bringt.

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