BGH, Beschluss vom 07.06.2022, AZ 5 StR 306/21

Pres­se­mit­tei­lung des Bun­des­ge­richts­hofs, Nr. 83/2022, vom 07.06.2022

Ver­ur­tei­lun­gen wegen ver­ab­re­de­ter Brand­stif­tung zum zwei­ten Jah­res­tag der G20-Pro­tes­te in Ham­burg über­wie­gend rechtskräftig

Beschluss vom 11. Mai 2022 – 5 StR 306/21

Der in Leip­zig ansäs­si­ge 5. Straf­se­nat des Bun­des­ge­richts­hofs hat die Revi­sio­nen zwei­er Ange­klag­ter gegen ein Urteil des Land­ge­richts Ham­burg nach einer ver­ab­re­de­ten Brand­stif­tung zum zwei­ten Jah­res­tag der G20-Pro­tes­te ver­wor­fen. Auf die Revi­si­on einer drit­ten Ange­klag­ten hat der Senat das Urteil auf­ge­ho­ben, soweit es das Land­ge­richt abge­lehnt hat, ihre Stra­fe zur Bewäh­rung aus­zu­set­zen. Im Übri­gen hat er auch ihre Revi­si­on verworfen.

Die Straf­kam­mer hat einen der Ange­klag­ten wegen der Ver­ab­re­dung zum Ver­bre­chen der Brand­stif­tung und wegen des Besit­zes und Füh­rens eines waf­fen­recht­lich ver­bo­te­nen Gegen­stan­des zu einer Frei­heits­stra­fe von einem Jahr und zehn Mona­ten ver­ur­teilt. Gegen die zwei ande­ren Ange­klag­ten hat es wegen der Ver­ab­re­dung zum Ver­bre­chen der Brand­stif­tung und wegen Bei­hil­fe zum Besitz und zum Füh­ren eines waf­fen­recht­lich ver­bo­te­nen Gegen­stan­des Frei­heits­stra­fen von einem Jahr und acht Mona­ten bzw. einem Jahr und sie­ben Mona­ten ver­hängt. Für kei­nen der Ange­klag­ten hat es die Stra­fe zur Bewäh­rung ausgesetzt.

Nach den Urteils­fest­stel­lun­gen ver­ab­re­de­ten die Ange­klag­ten und eine unbe­kannt geblie­be­ne vier­te Per­son, anläss­lich des zwei­ten Jah­res­ta­ges der G20-Pro­tes­te in Ham­burg in den frü­hen Mor­gen­stun­den des 8. Juli 2019 an vier ver­schie­de­nen Orten im Ham­bur­ger Stadt­ge­biet zeit­gleich mit Brand­sät­zen Anschlä­ge gegen Sachen zu bege­hen. Durch die ein­heit­li­che und koor­di­nier­te Akti­on woll­ten die Ange­klag­ten, die der links­ex­tre­mis­ti­schen Sze­ne ange­hö­ren, am sym­bol­träch­ti­gen Jah­res­tag einen mög­lichst öffent­lich­keits­wirk­sa­men Pro­test gegen die Ham­bur­ger Woh­nungs­wirt­schaft äußern. Durch das gleich­zei­ti­ge und dezen­tra­le Vor­ge­hen soll­ten der Ein­schüch­te­rungs­ef­fekt erhöht, das Ent­de­ckungs­ri­si­ko mini­miert und die Flucht erleich­tert werden.

Einer der Ange­klag­ten bau­te am Abend des 7. Juli 2019 vier Brand­sät­ze, von denen drei mit einer Vor­rich­tung, die wie ein Zeit­zün­der wirk­te, ver­se­hen und unmit­tel­bar ein­satz­fä­hig waren. Unter ande­rem woll­ten die Ange­klag­ten und der unbe­kann­te Mit­tä­ter mit einem der Brand­sät­ze einen Fir­men­wa­gen eines gro­ßen Immo­bi­li­en­kon­zerns in Brand set­zen. Der Klein­trans­por­ter, des­sen Stand­ort zuvor aus­ge­späht wor­den war, soll­te nach dem Ent­zün­den selb­stän­dig wei­ter- und schließ­lich ausbrennen.

Ver­ab­re­dungs­ge­mäß tra­fen sich die drei Ange­klag­ten in einer Grün­an­la­ge an einer zen­tra­len Stel­le zwi­schen den ver­ab­re­de­ten Anschlags­zie­len. Kurz vor dem Ein­tref­fen des vier­ten Tat­be­tei­lig­ten und vor dem ver­ab­re­de­ten Auf­bruch zu den jewei­li­gen Tat­or­ten wur­den die drei Ange­klag­ten von Poli­zei­be­am­ten kon­trol­liert und durch­sucht. Die Brand­sät­ze und die für die Tat­be­ge­hung mit­ge­führ­ten Gegen­stän­de wur­den gefun­den und die Ange­klag­ten dar­auf­hin vor­läu­fig festgenommen.

Bei zwei Ange­klag­ten hat die Über­prü­fung des Urteils kei­ne Rechts­feh­ler zu ihrem Nach­teil erge­ben. Auch ihre Ver­fah­rens­be­an­stan­dun­gen blie­ben ohne Erfolg. Das Urteil des Land­ge­richts Ham­burg ist daher bezüg­lich die­ser bei­den Ange­klag­ten rechtskräftig.

Die Revi­si­on der drit­ten Ange­klag­ten hat­te mit einer Ver­fah­rens­rüge Erfolg, soweit das Land­ge­richt für sie eine Straf­aus­set­zung zur Bewäh­rung abge­lehnt hat. Denn hier­bei hat es Ver­hal­ten der Ange­klag­ten außer­halb der Haupt­ver­hand­lung her­an­ge­zo­gen, das nicht pro­zess­ord­nungs­ge­mäß in die Beweis­auf­nah­me ein­ge­führt wor­den war. Im Übri­gen blieb auch die Revi­si­on die­ser Ange­klag­ten ohne Erfolg. Über die Fra­ge der Straf­aus­set­zung zur Bewäh­rung für sie wird daher eine ande­re Straf­kam­mer des Land­ge­richts Ham­burg neu zu befin­den haben.

Vor­in­stanz:
LG Ham­burg – Urteil vom 5. Novem­ber 2020 – (615) KLs 4 Js‑G 30/19 (17/19)

Die maß­geb­li­chen Vor­schrif­ten lauten:

§ 306 StGB Brandstiftung
(1) Wer fremde (…)
4. Kraft­fahr­zeu­ge, Schienen‑, Luft- oder Wasserfahrzeuge (…)
in Brand setzt oder durch eine Brand­le­gung ganz oder teil­wei­se zer­stört, wird mit Frei­heits­stra­fe von einem Jahr bis zu zehn Jah­ren bestraft. (…)

§ 30 StGB Ver­such der Beteiligung
(1) Wer einen ande­ren zu bestim­men ver­sucht, ein Ver­bre­chen zu bege­hen oder zu ihm anzu­stif­ten, wird nach den Vor­schrif­ten über den Ver­such des Ver­bre­chens bestraft. Jedoch ist die Stra­fe (…) zu mildern. (…)
(2) Eben­so wird bestraft, (…) wer mit einem ande­ren ver­ab­re­det, ein Ver­bre­chen zu begehen (…).

§ 52 WaffG Strafvorschriften
(1) Mit Frei­heits­stra­fe von sechs Mona­ten bis zu fünf Jah­ren wird bestraft, wer
1. ent­ge­gen § 2 Absatz 3 in Ver­bin­dung mit Anla­ge 2 Abschnitt 1 Nr. 1.1 oder 1.3.4 (…) einen dort genann­ten Gegen­stand erwirbt, besitzt, über­lässt, führt, ver­bringt, mit­nimmt, her­stellt, bear­bei­tet, instand setzt oder damit Han­del treibt (…).

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/recht…