EINFÜHRUNG IN DIE THEMATIK

Spä­tes­tens seit den Ver­öf­fent­li­chun­gen von Geheim­dienst­do­ku­men­ten durch Edward Snowden
oder Juli­an Assan­ge, unter ande­rem auf der Ent­hül­lungs­platt­form Wiki­leaks, ist der Begriff
des Whist­leb­lowing in aller Mun­de. Durch die Ent­hül­lun­gen von Edward Snow­den wurde
im Wesent­li­chen das Aus­maß der welt­wei­ten Über­wa­chungs- und Spio­na­ge­prak­ti­ken von
Geheim­diens­ten, über­wie­gend der US-ame­ri­ka­ni­schen Geheim­diens­te, bekannt. Diese
Ver­öf­fent­li­chun­gen führ­ten letzt­end­lich zu der NSA-Affä­re im Jah­re 2013., deren Auswirkungen
noch bis heu­te spür­bar sind.

WAS IST MIT WHISTLEBLOWING GENAU GEMEINT?

Im Mit­tel­punkt des Gesche­hens steht der soge­nann­te Whist­leb­lower, wel­cher ins Deutsche
über­setzt als Hin­weis­ge­bers bezeich­net wer­den kann. Die­ser ist eine Per­son, die für die
All­ge­mein­heit wich­ti­ge Infor­ma­tio­nen aus einem gehei­men oder geschütz­ten Zusammenhang
bzw. einem der Öffent­lich­keit unzu­gäng­li­chem Bereich an die Öffent­lich­keit bringt. Üblicherweise
gelingt es dem Whist­leb­lower durch die Ver­öf­fent­li­chung von Infor­ma­tio­nen, auf
Miss­stän­de in Unter­neh­men, in Behör­den und in Regie­run­gen hin­zu­wei­sen, sei es in
straf­recht­li­cher oder auch in ord­nungs­wid­rig­kei­ten­recht­li­cher Hin­sicht. Zu die­sen strafrechtlichen
Miss­stän­den zäh­len im wesent­li­chen Ver­bre­chen wie Kor­rup­ti­on, Insiderhandel,
Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen sowie Daten­miss­brauch. In Zusam­men­hang mit Edward
Snow­den ist zudem sicher­lich die Spio­na­ge als eige­ne Rechts­ver­let­zung zu nennen.

Der berühm­tes­te Whist­leb­lower der sieb­zi­ger Jah­re, Dani­el Ells­berg, ver­öf­fent­li­che zudem
Doku­men­te, wel­che beleg­ten, wie die US-ame­ri­ka­ni­sche Regie­rung die Öffent­lich­keit gezielt
über den Viet­nam­krieg täusch­te. Hier­durch zeigt sich, das Whist­leb­lowing die unterschiedlichsten
Miss­stän­de zu Tage för­dern kann. Übli­cher­wei­se erhält der Whist­leb­lower Kenntnis
sol­cher Miss­stän­de an sei­nem Arbeits­platz. So auch Edward Snow­den, die­ser war als Systemadministrator
bei einem Bera­tungs­un­ter­neh­men beschäf­tigt, wel­ches im Auf­trag der NSA
tätig war. Wie auch im Fal­le von Edward Snow­den wird es sich in den meis­ten Fäl­len, bei
den zur Kennt­nis gelang­ten Infor­ma­tio­nen, um ver­trau­li­che Daten han­deln, deren Veröffentlichung
für ein Unter­neh­men, eine Behör­de oder eine Regie­rung nicht sel­ten mit einer
Ruf­schä­di­gung und einem enor­men Image­scha­den ver­bun­den sein wird.

Genau an die­ser Stel­le ist daher auf die Mög­lich­keit und eine der Gefah­ren des Whistleblowing
hin­zu­wei­sen. Das Whist­leb­lowing gibt Per­so­nen, Insti­tu­tio­nen oder auch Unternehmen
die Mög­lich­keit, mit­hil­fe der Streu­ung von unwah­ren Infor­ma­tio­nen, ande­re zu diffamieren
und somit sich bei­spiels­wei­se in Bezug auf einen Mit­be­wer­ber einen Wett­be­werbs­vor­teil zu
ver­schaf­fen, indem man von dem Image­scha­den des Mit­be­wer­bers die Erlan­gung eines mittelbaren
Vor­tei­les erhofft.

GESETZESVORHABEN ZUM SCHUTZ DES WHISTLEBLOWERS

In jüngs­ter Ver­gan­gen­heit debat­tier­te der Bun­des­tag wie­der­holt zu der Fra­ge, wie man das
Whist­leb­lowing för­dern kön­ne und wie mög­li­cher­wei­se ein Whistleblower(-schutz)-gesetz
aus­ge­stal­tet sein könn­te. Alle die­se Bemü­hun­gen dien­ten dem Zweck, dem Whist­leb­lower im
wesent­li­chen Anony­mi­tät zuzu­si­chern, so dass die­ser sich letzt­end­lich dazu entscheidet,
sei­ne Infor­ma­tio­nen der Öffent­lich­keit preis­zu­ge­ben und kei­ne Dif­fa­mie­rung sei­ner Per­son zu
erwar­ten hat.

Im Jahr 2012 wur­de unter ande­rem durch die Frak­ti­on Die Grü­nen, in den Bun­des­tag ein
Ent­wurf eines Geset­zes zur För­de­rung von Trans­pa­renz und zum Diskriminierungsschutz
von Hin­weis­ge­be­rin­nen und Hin­weis­ge­bern (Whist­leb­lower-Schutz­ge­setz, BT-Drs 17/9782)
ein­ge­bracht. Die­ser Geset­zes­ent­wurf fand jedoch kei­ne Mehr­heit im Deut­schen Bundestag,
ins­be­son­de­re auf­grund der ableh­nen­den Hal­tung der Regierungskoalition.

Zuletzt debat­tier­te der Bun­des­tag in der ers­ten Lesung vom 07.11.2014 über einen erneuten
Geset­zes­vor­schlag der Frak­ti­on Die Grü­nen (BT-Drs. 18/3039) mit dem Zweck der Förderung
von Trans­pa­renz und zum Dis­kri­mi­nie­rungs­schutz von Hin­weis­ge­ber. Wei­ter­hin beriet
sich der Bun­des­tag in die­sem Zusam­men­hang über einen Antrag der Frak­ti­on Die Lin­ke (BTDrs.
18/3034) zur gesetz­li­chen Aus­ge­stal­tung des Schut­zes von Whistleblowern.

Nach der Vor­stel­lung der Frak­ti­on Die Grü­nen, sol­len Ände­run­gen im Bür­ger­li­chen Gesetzbuch,
im Berufs­bil­dungs­ge­setz, im Bun­des­be­am­ten­ge­setz und im Beam­ten­sta­tus­ge­setz erfolgen,
um einen adäqua­ten Schutz des Whist­leb­lo­wers zu gewähr­leis­ten; für den Fall, dass
die­ser auf die ihm zur Kennt­nis gelang­ten Miss­stän­de öffent­lich auf­merk­sam machen will.

DER BUNDESTAGSBESCHLUSS ZUR VORRATSDATENSPEICHERUNG

Der aktu­el­le Refe­ren­ten­ent­wurf des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums der Jus­tiz und für Verbraucherschutz
über ein Gesetz zur Ein­füh­rung einer Spei­cher­pflicht und einer Höchstspeicherfrist
für Ver­kehrs­da­ten, sieht die Ein­füh­rung eines neu­en Straf­tat­be­stands der
Daten­heh­le­rei vor. Die­ser Geset­zes­ent­wurf wur­de heu­te (16. Okto­ber 2015) durch den
Deut­schen Bun­des­tag beschlos­sen, wodurch die soge­nann­te Vor­rats­da­ten­spei­che­rung ein
Tag nach ihrer Ver­kün­dung durch den Bun­des­prä­si­den­ten in Kraft tritt.

In Zukunft wird daher der § 202d des Straf­ge­setz­bu­ches (StGB) wie folgt lauten.

Straf­bar macht sich, wer sich oder einem ande­ren nicht öffent­lich zugäng­li­che Daten,
die ein ande­rer durch eine rechts­wid­ri­ge Tat erlangt hat, ver­schafft, wer sie einem anderen
über­lässt, wer sie ver­brei­tet oder in sons­ti­ger Wei­se zugäng­lich macht, um sich
oder einen Drit­ten zu berei­chern oder einen ande­ren zu schädigen.

Hier­durch ist die Inten­ti­on des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums, die Heh­ler von Daten, eben­so wie die
Heh­le­rei einer Sache, straf­recht­lich sank­tio­nie­ren zu kön­nen. Das StGB kennt den Tatbestand
der Heh­le­rei von Sachen bereits in § 259 StGB.

Eine direk­te Anwen­dung des § 259 StGB war indes­sen nicht mög­lich, da der Begriff der Sache
in § 90 Bür­ger­li­ches Gesetz­buch (BGB), als kör­per­li­cher Gegen­stand defi­niert ist. Keine
Sachen sind nach der stän­di­gen Recht­spre­chung jedoch Daten. Eine ana­lo­ge Anwendung
des § 259 StGB auf Daten ist jedoch auf­grund des grund­recht­lich ver­an­ker­ten Analogieverbotes
gemäß Art. 103 Abs. 2 Grund­ge­setz (GG) ausgeschlossen.

Ziel der am heu­ti­gen Tag eben­falls beschlos­se­nen Geset­zes­än­de­rung des StGB, in Form
des § 202d StGB soll es nach dem Bun­des­mi­nis­te­ri­um sein, den Han­del mit gestohlen
Daten, wie bei­spiels­wei­se Fir­men­ge­heim­nis­sen durch das Ent­wen­den von Daten­sät­zen aus
den IT-Sys­te­men von Unter­neh­men zu kriminalisieren.

STRAFBARKEIT DES WHISTLEBLOWERS GEM. § 202d StGB

Nun stellt sich in die­sem Zusam­men­hang die Fra­ge, ist nicht auch der Whist­leb­lower ein solcher
Daten­heh­ler im Sin­ne der Vor­schrift des § 202d StGB? Die­se Fra­ge lässt sich eindeutig
nicht beur­tei­len, denn es kommt in der Tat drauf an, wel­che sub­jek­ti­ve Moti­va­ti­on den Whistleblower
zu sei­ner Offen­ba­rung von Infor­ma­tio­nen treibt. Mei­nes Erach­tens nach besteht die
Gefahr für den Whist­leb­lower, des­sen ein­zi­ges Bestre­ben es ist, die Auf­de­ckung von
Miss­stän­den zu erwir­ken, gera­de nicht, wenn die­se Auf­de­ckung ledig­lich zum Ziel hat, die
Miss­stän­de zukünf­tig zu besei­ti­gen. Nach dem Refe­ren­ten­ent­wurf bedarf es nach § 202 d
StGB zwin­gend neben dem Vor­lie­gen der objek­ti­ven Tat­be­stands­merk­ma­le, in subjektiver
Hin­sicht zusätz­lich neben dem Vor­satz bezüg­lich der Ver­wirk­li­chung des objek­ti­ven Tatbestandes
wei­ter­hin einer (Dritt-) Bereicherungsabsicht.

Die­se Berei­che­rungs­ab­sicht umfasst den ziel­ge­rich­te­ten Vor­teils­wil­len und das Bestreben
einen geld­wer­ten Vor­teil durch sein Han­deln zu erlan­gen, in der Form, dass durch die Tat
eine Ver­bes­se­rung der Ver­mö­gens­la­ge des Täters oder eines Drit­ten als End­ziel stattfindet
oder auch die­se nur Zwi­schen­ziel für die Errei­chung eines ande­ren Zwe­ckes ist.

Sofern ein sol­ches sub­jek­ti­ves Ele­ment bei dem Whist­leb­lower fehlt, des­sen ein­zi­ges Bestreben
es ist, die ihm bekannt­ge­wor­de­nen Infor­ma­tio­nen zur Auf­de­ckung der Miss­stän­de zu
ver­öf­fent­li­chen und des­sen Bestre­ben es gera­de nicht ist, aus sei­nen Infor­ma­tio­nen einen
wirt­schaft­li­chen Pro­fit zu schla­gen, wird sich der Whist­leb­lower auch nicht im Sin­ne des §
202d StGB straf­bar machen. Mit­hin ist es mei­nes Erach­tens nach unzu­tref­fend, wenn die
Vor­rats­da­ten­spei­che­rung als „Anti-Whist­leb­lowing-Gesetz“ bezeich­net wer­den wür­de, da
die­ser Geset­zes­ent­wurf zwar dem Whist­leb­lower kei­ne wei­ter­ge­hen­den Rech­te ein­räumt, als
dies nach der aktu­el­len Geset­zes­la­ge der Fall wäre. Die­ser Ent­wurf stellt den klassischen
Whist­leb­lower, des­sen eige­ne Moti­va­ti­on es ledig­lich ist, die ihm bekannt gewordenen
Miss­stän­de auf­zu­de­cken, um die­se nach­hal­tig besei­tigt zu sehen, ohne hier­aus selbst einen
finan­zi­el­len Vor­teil zu erhal­ten, nicht schlech­ter als er der­zeit steht.

Viel­mehr wird es mei­nes Erach­tens nach erfor­der­lich sein, den Begriff des Whist­leb­lo­wers an
den Geset­zes­ent­wurf des § 202 d StGB anzu­pas­sen, indem klar­ge­stellt wird, dass als Whistleblower
nur gel­ten kann, wer sich kei­nen geld­wer­ten Vor­teil durch sein Han­deln erhofft.

WANN BESTEHT EINE PFLICHT ZUM WHISTLEBLOWING?

Es stellt sich die Fra­ge, ob in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land eine gesetz­li­che Pflicht zum
Whist­leb­lowing exis­tiert und wel­che Vor­aus­set­zun­gen vor­lie­gen müs­sen, dass ein Whistleblowing
statt­fin­den muss. Daher wird nach­fol­gend dar­ge­stellt, in wel­chen Fäl­len eine solche
Pflicht besteht, sofern eine Per­son von Straf­ta­ten Kennt­nis erhält und die­se intern, oder auch
extern, bei Behör­den anzu­zei­gen hat. Eine sol­che Rechts­pflicht ist in der Bundesrepublik
Deutsch­land der­zeit noch die Ausnahme.

MELDEPFLICHT NACH DEM StGB

Eine Anzei­ge­pflicht von Straf­ta­ten kennt zum einen das Straf­ge­setz­buch. In § 138 StGB
fin­den sich in den Nr.1 bis Nr.8 soge­nann­te Kata­log­tat­be­stän­de, die stets besonders
gewich­ti­ge bzw. gemein­ge­fähr­li­che Rechts­ver­let­zun­gen oder Straf­ta­ten ent­hal­ten. Tatbestandlich
ist es unter ande­rem erfor­der­lich, dass die Per­son glaub­haft von einer der dort
genann­ten Straf­ta­ten oder Aus­füh­rung einer sol­chen Straf­tat Kennt­nis erhal­ten hat. Sofern
dies der Fall wäre, bestün­de in Bezug auf die­sen Straf­tat­be­stand eine Pflicht zum Whistleblowing.
All­ge­mein kann eine Hand­lungs­pflicht immer nur dann bestehen, wenn das Unterlassen
einer gebo­te­nen und mög­li­chen Hand­lung ange­zeigt ist. Als Bei­spiel hier­für ist stets
die soge­nann­te unter­las­se­ne Hil­fe­leis­tung nach § 323c StGB zu nen­nen, bzw., wenn,
auf­grund des Bestehens einer Garan­ten­stel­lung im Sin­ne des § 13 StGB, eine Rechtspflicht
zur Abwen­dung des tat­be­stand­li­chen Erfol­ges besteht.

MELDEPFLICHT NACH DEM GELDWÄSCHEGESETZ UND DEM WERTPAPIERHANDELSGESETZ
Eine Pflicht zum Whist­leb­lowing kann sich dar­über hin­aus aus dem Geldwäschegesetz
(GwG) oder auch aus dem Wert­pa­pier­han­dels­ge­setz (WphG) erge­ben. Inso­weit ist es zum
einen erfor­der­lich, auf die Rege­lung des § 11 GwG sowie auf die Rege­lung des § 10 WphG
näher einzugehen.

In die­sem Zusam­men­hang hat der zu einer Mel­dung Ver­pflich­te­te, durch die Erstel­lung von
Arbeits- und Orga­ni­sa­ti­ons­an­wei­sun­gen intern sicher­zu­stel­len, dass in prüfungstechnisch
nach­voll­zieh­ba­rer Art und Wei­se even­tu­el­le Miss­stän­de zur Beur­tei­lung und Entscheidung
vor­ge­legt und dort auch doku­men­tiert werden.

Dies gilt auch für alle inter­nen Ver­dachts­fäl­le, unab­hän­gig von der Tat­sa­che, ob es sich hierbei
um ange­tra­ge­ne, aber abge­lehn­te Trans­ak­tio­nen und Geschäfts­be­zie­hun­gen von den
Mit­ar­bei­tern, dem Geld­wä­sche­be­auf­trag­ten oder der Geschäfts­lei­tung des zur Meldung
Ver­pflich­te­ten han­delt, Emp­fän­ger einer Ver­dachts­mel­dung nach § 11 Abs. 1 GwG sind die
beim Bun­des­kri­mi­nal­amt ange­sie­del­te Zen­tral­stel­le für Ver­dachts­mel­dun­gen (FIU) sowie die
ört­lich zustän­di­ge Strafverfolgungsbehörde.

MELDEPFLICHT NACH DEM KREDITWESENGESETZ

Seit dem 1. Janu­ar 2014 sind infol­ge stren­ge­rer auf­sichts­recht­li­cher Rege­lun­gen die Kreditinstitute
in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land zur Ein­rich­tung eines rechts­kon­for­men Hinweisgebersystems
ver­pflich­tet. Rechts­grund­la­ge für die­se Pflicht zur Mel­dung ist § 25a Abs.
1 S. 6 Nr. 3 Kre­dit­we­sen­ge­setz (KWG).

MELDEPFLICHT NACH DEM ARBEITSSCHUTZGESETZ

Eine wei­te­re Mel­de­pflicht kennt dar­über hin­aus das Arbeits­schutz­ge­setz (Arb­SchG).
Dem­ge­mäß wird dem Beschäf­tig­ten durch § 2 Abs. 2 Arb­SchG sowie durch § 16 Abs. 1
Arb­SchG die Pflicht auf­er­legt, wahl­wei­se dem Arbeit­ge­ber, oder dem zustän­di­gen Vorgesetzten,
jede von dem Beschäf­tig­ten fest­ge­stell­te unmit­tel­ba­re erheb­li­che Gefahr für die
Sicher­heit und Gesund­heit der Beschäf­tig­ten, sowie jeden an den Schutz­sys­te­men festgestellten
Defekt, unver­züg­lich zu melden.

FAZIT ZU DEN GESETZLICH KODIFIZIERTEN MELDEPFLICHTEN

Letzt­end­lich lässt sich fest­hal­ten, dass, soweit eine Rechts­pflicht zum Whistleblowing
besteht, die­ses Ver­hal­ten selbst­ver­ständ­lich zuläs­sig ist. Wei­ter­hin darf dem Whistleblower,
der sei­ner Rechts­pflicht gera­de genügt hat, die­ses Ver­hal­ten grund­sätz­lich nicht zu seinem
Nach­teil gereicht werden.

Sicher­lich ist es in die­sem Zusam­men­hang selbst­ver­ständ­lich, dass, sofern der Whistleblower
leicht­fer­tig unwah­re Hin­wei­se mel­det, die­se als Ver­leum­dung und/oder als falsche
Ver­däch­ti­gun­gen gege­be­nen­falls straf­recht­li­che Kon­se­quen­zen aus­lö­sen wer­den. Das
Glei­che gilt auch dann, wenn der Hin­weis bei­spiels­wei­se gezielt ehr­ver­let­zen­de Äußerungen
gegen eine ande­re Per­son enthält.

Selbst­ver­ständ­lich ist wei­ter­hin, dass, sofern eine Pflicht zum Whist­leb­lowing besteht, die
Miss­ach­tung die­ser Pflicht stets mit straf­recht­li­chen Kon­se­quen­zen für den pflicht­wid­rig Handelnden
ver­bun­den sein kann.

Unge­ach­tet die­ses Fazits ist es für den Whist­leb­lower rat­sam, die ihm zur Kennt­nis gelangten
Miss­stän­de zunächst intern zu monie­ren, bevor er die Öffent­lich­keit sucht. Schwierig
dürf­te in die­sem Zusam­men­hang sein, die Anony­mi­tät des Whist­leb­lo­wers zu gewährleisten,
sei es, wenn der Hin­weis in einem Unter­neh­men, einer Behör­de oder sogar inner­halb einer
Regie­rung abge­ge­ben wer­den soll. Inso­weit besteht der­zeit ledig­lich für Kre­dit­in­sti­tu­te nach
dem KWG eine Ver­pflich­tung, Whist­leb­lowing­sys­te­me vor­zu­hal­ten. Wie die­se tat­säch­lich und
recht­lich letzt­end­lich aus­ge­stal­tet sein müs­sen, wird an die­ser Stel­le nicht wei­ter behandelt
und soll The­ma eines wei­te­ren Arti­kels sein.

SIND WHISTLEBLOWER SELBST NICHT AUCH STRAFTÄTER?

Nach den vor­ge­nann­ten Dar­stel­lun­gen stellt sich die Fra­ge, was ist für den Fall, dass keine
Pflicht zum Whist­leb­lowing besteht, die eine Ver­öf­fent­li­chung von Infor­ma­tio­nen durch den
Whist­leb­lower recht­fer­tigt und der Whist­leb­lower nun den­noch mit sei­nen Infor­ma­tio­nen in
die Öffent­lich­keit tritt. Macht sich der Whist­leb­lower nun wegen des Ver­rats von Geheimnissen
strafbar?

Dies kann sicher­lich an die­ser Stel­le ohne eine Prü­fung des kon­kre­ten Ein­zel­fal­les nicht
pau­schal beant­wor­tet werden.

Grund­sätz­lich lässt sich an die­ser Stel­le jedoch fest­hal­ten, dass das deut­sche Straf­recht eine
Viel­zahl von Geheim­nis­sen im Rah­men des Haupt- und Neben­straf­rechts schützt. Hinzuweisen
sei in die­sem Zusam­men­hang bei­spiel­haft auf die Straf­bar­keit der Preis­ga­be von Betriebs-
und Geschäfts­ge­heim­nis­sen nach § 17 des Geset­zes gegen den unlauteren
Wett­be­werb (UWG), auf die Straf­tat­be­stän­de der §§ 201 ff. StGB, sowie eben­falls auf den
Tat­be­stand der Untreue nach § 266 StGB. Eine Straf­bar­keit nach § 266 StGB kommt immer
dann in Betracht, wenn mit der Wei­ter­ga­be der zur Kennt­nis gelang­ten Informationen
zugleich die Ver­let­zung einer soge­nann­ten Ver­mö­gens­be­treu­ungs­pflicht einhergeht.

Von unter­ge­ord­ne­ter Rol­le sind in der Regel die Tat­be­stän­de der §§ 201 ff StGB, da diese
ledig­lich zur straf­recht­li­chen Ver­ant­wort­lich­keit des Whist­leb­lo­wers füh­ren, wenn die­ser unbefugt
Geheim­nis­se weitergibt.

Betrach­tet man in die­sem Zusam­men­hang nun zunächst die Kon­stel­la­tio­nen, dass das Whistleblowing
intern statt­fin­det, wird eine Straf­bar­keit des Whist­leb­lo­wers jeden­falls meistens
dar­an schei­tern, dass der Adres­sat des Whist­leb­lowing selbst auf die Geheim­nis­se Zugriff
hat und ihm die­se selbst bekannt sind, bzw. er sich dar­über Kennt­nis zu ver­schaf­fen vermag.

Sofern das Whist­leb­lowing, wie bereits dar­ge­stellt, nun an exter­ne Stel­len statt­fin­det, wenn
es also bei­spiels­wei­se aus einer Pflicht zur Mel­dung resul­tiert, wird eine Straf­bar­keit in der
Regel dar­an schei­tern, dass die Wei­ter­ga­be des Geheim­nis­ses nicht unbe­fugt erfolgt ist.

Des Wei­te­ren ist es mei­nes Erach­tens nach auch denk­bar, dass das Whist­leb­lowing durch
einen Recht­fer­ti­gungs­grund kei­ne straf­recht­li­che Ver­ant­wort­lich­keit nach sich zieht. Dies ist
bei­spiels­wei­se dann der Fall, wenn die Rechts­wid­rig­keit des Whist­leb­lowing durch § 34 StGB
ent­fällt. Han­delt der Whist­leb­lower nun zur Abwehr einer gegen­wär­ti­gen und nicht anders
abwend­ba­ren Gefahr für ein beson­ders hohes Rechts­gut und ist das Whist­leb­lowing darüber
hin­aus auch not­wen­dig zur Gefahr­ab­wehr, wird eine straf­recht­li­che Verantwortung
aus­schei­den. Den­noch erscheint es, wenn auch nur aus dekla­ra­to­ri­schen Gesichtspunkten
sinn­voll, zur För­de­rung des Whist­leb­lowing und zum Schutz des Whist­leb­lo­wers, einen gesetzlichen
Schutz des Whist­leb­lo­wers zu garantieren.

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Jür­gen Möthrath
Rechtsanwalt/Fachanwalt für Strafrecht
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